Fachgruppentagung Kassel 2012 – Hauptvorträge

Daniel Andres (RWTH Aachen): Algorithmische Aspekte der D-Modultheorie

Unter D-Moduln versteht man Moduln über Ringen von Differentialoperatoren. Im Vortrag wird ausschließlich die Weylalgebra betrachtet, d. h. der (nicht-kommutative) Ring linearer partieller Differentialoperatoren mit polynomiellen Koeffizienten über einem Körper der Charakteristik null.
In den letzten 15 Jahre wurden auf dem Gebiet der algorithmischen D-Modultheorie massive Fortschritte erzielt.
Gröbnerbasen, sowohl in der Weylalgebra selber als auch in gewissen Abwandlungen dieser, kommt eine besondere Bedeutung bei jeglichen konkreten Berechnungen zu.
Im Vortrag soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Konzepte, wie z. B. sogenannte Bernstein-Sato-Polynome (auch als b-Funktionen bekannt), sowie einige Anwendungen gegeben werden.

Michael Cuntz (Universität Kaiserslautern): Klassifikation der kristallographischen Arrangements

Simpliziale Arrangements wurden 1940 von Melchior entdeckt und in der Lösung vieler Probleme über Arrangements verwendet. Zum Beispiel waren sie die zentralen Objekte in Delignes Lösung der Vermutung von Brieskorn. Im dreidimensionalen sind simpliziale Arrangements Triangulierungen der Sphäre durch Geraden.
Die Entdeckung des Weyl-Gruppoids als Symmetriestruktur gewisser Hopf-Algebren hat in den letzten Jahren zur Klassifikation einer großen Klasse von simplizialen Arrangements geführt, den sogenannten kristallographischen Arrangements.
Wir wollen im Vortrag auf die grundlegenden Eigenschaften der Weyl-Gruppoide eingehen und die algorithmischen Methoden vorstellen, die zur Klassifikation geführt haben. Außerdem wollen wir über Zusammenhänge zu torischen Varietäten, Cluster-Algebren und orientierten Matroiden berichten.

Anne Frühbis-Krüger (Universität Hannover): Singularitäten und Computeralgebra

Bei der Untersuchung von Singularitäten kommen Techniken aus verschiedensten Gebieten der Mathematik zusammen, aus der Algebra, der Algebraischen Geometrie und der Topologie ebenso wie der Analysis. In diesem Vortrag werde ich verschiedene Facetten der Singularitätentheorie beleuchten, in denen sich der Einsatz algorithmischer Methoden etabliert hat, angefangen von der einfachen phänomenologischen Untersuchung gegebener Singularitäten über Modulraumprobleme bis hin zur Desingularisierung.

Andreas Klein (Gießen): RSA Protokollfehler, LLL und Gröbnerbasen

Das bekannte RSA-Verfahren hat verschiedene schwache Instanzen. Diese können in der Praxis leicht vermieden werden. Doch dazu ist es nötig, dass der Anwender die potenziellen Gefahrenquellen kennt. Einige der interessantesten Angriffe gegen schwache RSA-Instanzen nutzen klassische Computeralgebratools wie den LLL-Algorithmus oder Gröbnerbasen.
In diesem Vortrag werden jeweils ausgehend von einem konkreten kryptographischen Problem solche Angriffe und die dahinter stehende Mathematik vorgestellt.

Gabor Wiese (Universität Luxemburg): Modulare Galois-Darstellungen und Computeralgebra

Ein herausragendes Resultat der Arithmetischen Geometrie der letzten Jahre stellt zweifelsohne der Beweis von Khare und Wintenberger der Modularitätsvermutung von Serre dar. Diese impliziert unter anderen die verallgemeinerte Taniyama-Shimura-Vermutung (die den großen Satz von Fermat zur Folge hat) und neue Fälle der Artin-Vermutung.
Für die Computeralgebra ist die Serresche Modularitätsvermutung auch von großer Bedeutung. Denn sie erlaubt in vielen Fällen die Übertragung von sehr harten zahlentheoretischen Fragen in Fragen über Modulformen.
Letztere sind aber gut mittels Computeralgebra berechenbar, so dass oft auch für die Zahlentheorie interessante Rückschlüsse gezogen werden können.
Der Vortrag wird die Objekte der Serreschen Modularitätsvermutung erläutern und mit Beispielen illustrieren.